Subject: Übersetzung
Hallo Tomcat,
es ist sicher richtig, dass wir hier über die Köpfe unserer koreanischen Freunde hinweg diskutieren und dass deswegen eine Übersetzung der Kernthesen ins Koreanische keine schlechte Idee wäre. Ich glaube aber nicht, dass irgendwer Lust auf die viele Übersetzungsarbeit hat.
Eine Übersetzung ins Englische könnte ich zwar selbst anfertigen - aber ich glaube, dass die Zahl der anglophonen Leser in diesem deutschen Korea-Blog doch eher begrenzt ist. Deshalb werde ich es lassen.
Johannes hat mich aufgefordert, noch einmal klar darzulegen, an welchen Stellen ich Dae-Won's Argumentationsweise für rüde halte, und ich habe ihm eine Mail dazu geschickt. Dann aber dachte ich mir, wenn ich mir schon die Mühe mache, noch einmal einenText zum Thema zu verfassen, sollte der auch allgemein zugänglich sein - deshalb hier noch 'mal einen Gesamtüberblick über die Diskussionspunkte:
Es fing ja alles damit an, dass Santoki Chris Huygens Thema von der "ungleichen Verteilung" in eines über die Darstellung von Asiaten in den Medien umgedeutet hat - und dies noch am Beispiel eines Films, in dem die einzige asiatische Person rundherum positiv (elegant, selbstbewusst, durchsetzungsstark) dargestellt wurde. Ihr wurde freilich ein etwas schüchterner Weißer gegenüber gestellt. Die primäre Erzählung des Films war eine Liebesgeschichte zwischen einem Schwarzen und einer Weißen (okay, einer Weißen mit spanischer Muttersprache, das war ihm ja so schrecklich wichtig).
Santoki hielt diese Gesamtkonstellation ersichtlich für skandalös - und ich gebe ihm insofern Recht, dass es wünschenswert wäre, dass auch asiatische Männer als erfolgreiche Liebhaber dargestellt werden - manchmal mit asiatischen Partnerinnen, aber vielleicht auch 'mal zusammen mit weißen, schwarzen oder indisch-stämmigen Frauen. Dies schien ihm aber nicht zu genügen, nein, es sollten seiner Meinung nach keine asiatischen Frauen mehr zusammen mit weißen Männern in den Medien erscheinen.
Santoki:
Stefan Martin sucht gemaess seiner Darstellung auch Filme, die gemischtrassige Liebespaare zeigen (Asiate/Europaerin). Dass es praktisch keine gibt, das sagt er ja selbst aus. Auch in Filmen gibt es praktisch nur Liebespaare, die weisser Er und asiatische Sie zeigen.
Meine Erfahrung hierzu ist, dass es (zumindest in den letzten Jahren) überhaupt keine (glücklich ausgehenden) Kino-Liebesgeschichten über die Rassengrenzen hinweg mehr gegeben hat - Hollywood und das gesamte Mainstreamkino haben nämlich Angst vor dem Thema, da sie Boykottaufrufe und sogar Gewaltakte von Seiten der verschiedenen Pressure Groups fürchten.
Okay, so weit die Vorgeschichte - konkret störe ich mich u.a. an folgender Passage in Santoki's vorletztem Post, die ich nicht für einen sachlichen Beitrag sondern für einen persönlichen Angriff halte (was In-Sook, die Ihr ja beim Frankfurter Treffen kennengelernt habt, übrigens ganz genauso sieht):
Santoki:
Ich glaube nicht, dass es sich bei Dir um eine Diskussion handelt. Ich finde es sehr schoen, wie Du alles sehr genau weisst, dass Du auch immer korrekt bist und von daher alle anderen moeglichen Standpunkte auch nicht wahr sein koennen.
Ausserdem tut es Dir ja so sehr leid, dass Du Dich nochmals mit dem fuer Dich "leidigen" Thema auseinandersetzen musst. Finde ich doch sehr lobenswert von Dir, dass Du Dich nochmals ins Zeugs legst und einen Riesenpost ins Forum setzt.
Mir ist es im Prinzip egal, was Du schreibst oder auch antwortest. Es geht mir lediglich darum, den anderen Forumsteilnehmern zu zeigen, dass eine nur sehr einseitige Darstellung der Dinge nicht gut ist. Du wirst an allem und bei jedem irgendwas finden, wo Du Dich im Recht findest.
Und dann vor allem folgende Passage aus seinem letztem Post, wo Santoki mit gespielter Naivität (Motto: Das ist doch ein völlig normaler Vorgang) in Wirklichkeit gehässigen Unsinn, aus dem kaum verborgene Schadenfreude hervor lugt, unter die Leute bringt:
Aber wenn wir zum Beispiel Episode 3 von Stefan Martin nehmen... welche deutsche Eltern wuerden es gutheissen, wenn sie von der Polizei verstaendigt werden, dass ihre Tochter mit einem Auslaender in einem schlechten Hotel vorgefunden worden ist? Wie wuerde die Reaktion ausfallen? Ich glaube, da spielt dann der ganze Konfuzianismus etc. keine grosse Rolle mehr.
In Korea ist Prostitution offiziell verboten, wird aber nach wie vor an vielen Orten geduldet. Wenn es jedoch zu Ueberpruefungen oder Razzien in solchen "schlechten" Absteigen kommt, dann wird natuerlich angenommen, dass es sich um Prostitution handelt. Und das hat ueberhaupt nichts damit zu tun, ob es sich nun um einen Auslaender handelt oder nicht. Wo hier die Menschenrechte angetastet werden, das bleibt mir persoenlich ein Raetsel.
Was will uns Santoki denn nun damit sagen ? Vielleicht, dass ein Paar, das nicht genug Geld für ein Luxushotel hat, schlicht keine bessere Behandlung verdient ?
Dass Prostitution in Korea verboten ist, weiß ich selbst - und das finde ich sogar richtig, denn ich bin ein recht konservativer Mensch, wie ich schon in einem meiner Posts geschrieben habe, den Santoki nach eigener Aussage aber nicht verstanden hat:
Was hat nun konservativ damit zu tun, dass Du mittels einer einzelnen Episode etwas herleiten versuchst?
Nein, da hat er Recht, das hat mit konservativ in der Tat nichts zu tun. Hatte ich allerdings auch nicht behauptet.
Mein Konservativismus bezieht sich auf meine generelle Ablehnung von sexuellen Aktivitäten außerhalb von Liebesbeziehungen. Dies gilt in gesteigertem Maße im Zusammenhang mit Prostitution, Sexparties und dergleichen.
Ein polizeiliches Vorgehen dagegen ist allerdings nur dann in Ordnung, wenn es sowohl gegen In- wie auch gegen Ausländer durchgeführt wird.
Der Polizei ging es in dem von mir beschriebenen Fall aber erkennbar gar nicht um Prostitution. Ansonsten hätten ja sämtliche Frauen im gesamten Hotel festgenommen werden müssen, denn jede einzelne war ja der Prostitution verdächtig.
Nein, die Polizei benutzte den Vowand des Prostitutions-Verdachts, um Frauen mit ausländischen Freunden herauszugreifen. Auf diesem Umweg erhielten sie die Möglichkeit, die Eltern informieren zu können, in der begründeten Hoffnung, das Paar damit auseinanderzubringen.
Die Eltern wiederum wissen, dass der Prostitutions-Vorwurf haarsträubender Unsinn ist, sind der Polizei aber dankbar für die Information, die ihnen ein Eingreifen gegen den unbekannten (aber trotzdem verhassten) Ausländer ermöglicht.
Und dass ihre Tochter sich das Eingreifen der Eltern gefallen lässt, ist dem konfuzianistischen Wertesystem geschuldet, das ihr die Zuwiderhandlung gegen eine unzweideutige Anweisung verbietet.
In-Sook hält dies für ein altbekanntes und lang-bewährtes Zusammenspiel. Es funktioniert nicht immer, aber meistens schon. Und die Beteiligten reiben sich die Hände angesichts ihres schönes Erfolges auf Kosten der unbedarften Ausländer und ihrer koreanischen Freundinnen.
Außerdem (und hier off-topic) erzählt In-Sook, dass in ihrem Elternhaus und in den Elternhäusern befreundeter Familien ausländerfeindliches Gedankengut allgegenwärtig war, dass man ihr und ihren Schwestern als kleines Mädchen z.B. beigebracht hat, ständig "Tod den Amerikanern" zu brüllen, was dann die Familie und auch Freunde und Bekannte in helles Entzücken versetzte.
Sie erzählt auch, dass sie noch im Alter von 20 Jahren in panischer Angst vor jedem Weißen davongerannt ist und Frauen, die mit den Fremden auch nur sprachen, für dreckige Schlampen hielt.
Nun gut, mittlerweile ist sie 38 Jahre alt, sie hat sich unter dem Einfluss eines durchsetzungsstarken Fremden unter großen Bedenken von ihrer Familie losgerissen, und ihre Meinung hat sich geringfügig gewandelt...
Und abschließend muss ich hier klar und deutlich sagen, dass gerade wir Deutsche, auf dem Hintergrund unserer grauenvollen Geschichte, nicht nur das Recht sondern sogar die Pflicht haben, Nazis als Nazis zu benennen, auch wenn sie (noch) nicht die Machtfülle ihres Staates hinter sich haben.
Der Mann, Neffe einer führenden rechtsradikalen Politikerin, der in Belgien vor fünf Tagen mit einem Sturmgewehr Jagd auf Ausländer gemacht hat, war ein Nazi und nichts anderes - auch wenn er und seine Gesinnungsgenossen nicht die Machtmittel haben, Konzentrationslager und Gaskammern zu errichten und zu betreiben.
Wenn wir derartiges als "bedauernswerte Handlungen geistesgestörter Einzeltäter" abtun, werden wir der sich aus unserer Geschichte ergebenden historischen Verantwortung nicht gerecht - wir haben dann aus der Vergangenheit nichts gelernt. Und dieser Vorwurf ist gerade für uns als Deutsche besonders schlimm...
Beste Grüße
Stefan Martin

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2 times, last on 2006-05-17, 14:37 by Unknown user.