User title: Fighting....
Member since Dec 2005 ·
447 posts · Location: München
Group memberships: Benutzer
Subject: Kopiert von der FAZ
Kim Jong-il
Chinesische Belehrungen für den großen Führer
Von Petra Kolonko, Peking
18. Januar 2006 Er war wirklich da. Einen Tag nach seiner Abreise bestätigte die chinesische Regierung am Mittwoch, daß der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-il eine Woche lang China bereist hat. Nicht nur das südchinesische Kanton und die Wirtschaftssonderzone Shenzhen hat er beehrt, sondern auch, was bislang noch nicht bekanntgeworden war, die zentralchinesische Metropole Wuhan und den Drei-Schluchten-Staudamm am Yangtse besichtigt. Um Kim Jong-il zu hofieren, hat Chinas Diplomatie sich diesmal fast überschlagen.
Gewundene Dementis
Eine aufwendige Besuchsreise per Sonderzug wurde organisiert. Und fast die gesamte erste Riege des Politbüros sowie Provinzgouverneure waren zur Begleitung abgestellt. Staatspräsident Hu Jintao höchstpersönlich begleitete den nordkoreanischen Führer bei einem Besuch in einem Forschungsinstitut für Landwirtschaft und erklärte ihm Ausstellungsstücke.
Und vor allem ließ sich Peking auf die Geheimhaltungswünsche der Nordkoreaner ein und schwieg offiziell über den jetzt als „inoffiziell” titulierten Besuch. Trotzdem kursierten schon seit Tagen Berichte über Kim in China. Es gab sogar einige, wenn auch unscharfe Fernsehbilder. Die gewundenen Dementis gegenüber der ausländischen Presse dürften den chinesischen Diplomaten keine Freude bereitet haben.
Wie ein Schuljunge
Doch mit dem Fernsehbericht über Kim Jong-ils Besuch, der nun endlich am Mittwoch, einen Tag nach der Abreise des Nordkoreaners aus Peking, gezeigt werden durfte, hat sich China für die vergangene Mühsal revanchiert. Chinas Staatsfernsehen zeigte ein gar nicht vorteilhaftes Bild des nordkoreanischen Führers. Fast wie ein Schuljunge erschien der nordkoreanische Gast in grauer Militärjacke und Sturmfrisur, wie er Belehrungen von chinesischen Unternehmensmanagern und Lokalfunktionären entgegennahm. Kein Zweifel: Hier erteilte das mächtige China dem schwierigen Nachbarn und Verbündeten eine Lektion.
Kim Jong-il wurde so gezeigt, wie die Chinesen ihn schon lange sehen, als armen „Bruder”, der bislang störrisch alle Belehrungen abgelehnt hat und nun endlich das Licht in Form der chinesischen Wirtschaftsreformen endlich gesehen hat. Auch der Kommentar des Fernsehens ließ keine Zweifel mehr daran, daß Kim Jong-il, der lange Jahre Chinas Entwicklungsweg als ideologisch zweifelhaft abgelehnt hat, nun den Kotau vor dem großen Nachbarn macht. Kim Jong-il gratulierte der chinesischen Führung zu den großen wirtschaftlichen Erfolgen.
Wunsch nach wirtschaftlicher Zusammenarbeit
Die großartigen Errungenschaften besonders in Südchina und in den Wirtschaftssonderzonen, so zitierte das chinesische Fernsehen den nordkoreanischen Führer, zeigten, daß die chinesische Reform- und Öffnungspolitik richtig gewesen sei. Ausdrücklich bedankte sich auch der sonst so auf Eigenständigkeit pochende Kim Jong-il für chinesische Hilfe und gab seinem Wunsch Ausdruck, daß Nordkorea und China wirtschaftlich noch mehr zusammenarbeiten könnten, einen Wunsch, den die chinesischen Gastgeber gern positiv aufnahmen.
Ob der Besuch allerdings außer Einsichten in kapitalistische Wirtschaftsverhältnisse im sozialistischen China Fortschritte in den großen politischen Fragen gebracht hat, blieb offen. Hu Jintao und Kim Jong-il sprachen zwar über die Sechsergespräche, es blieb aber bei allgemeinen Absichtserklärungen, nach der eine friedliche Lösung der Nuklearfrage angestrebt wird und man gemeinsam versuchen werde, die derzeitigen Schwierigkeiten zu überwinden.
Konkreteres gab es wahrscheinlich bei einem Treffen am Rand des großen Besuches: Die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap berichtet, daß der stellvertretende nordkoreanische Außenminister, der Kim Jong-il begleitete, in Peking mit dem amerikanischen Unterhändler Hill zusammengetroffen ist. Hill hatte innerhalb einer Woche zweimal Peking besucht, um die Sechsergespräche voranzubringen